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19.01.2008

König des Offenlandes (19. Januar 2008)

Über 250 Teilnehmer informierten sich über tagvertrautes Rotwild im Nationalpark Eifel

Von seinen Erfahrungen aus dem Naturpark Schönbuch in Baden-Württemberg berichtete Karl Heinrich Ebert, ehemaliger Leiter des dortigen Forstamtes. Nach seiner Einschätzung kann es auch bei hoher Besucherfrequenz gelingen, Rotwild am helllichten Tage erlebbar zu machen: „Das A und O sind ein Jagdmanagement mit langen Ruhephasen und eine konsequente Besucherlenkung. Die Besucher müssen für das Wild unsichtbar sein oder weit entfernt, bestenfalls 600 Meter." Die Bedeutung einer klaren Besucherlenkung unterstrich auch Dr. Michael Petrak, Leiter der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadensverhütung im Landesbetrieb Wald und Holz NRW, mit Blick auf die Dreiborner Hochfläche: „Wenn sich fünf Prozent der Besucher nicht an die Regeln halten, machen diese auch für alle anderen Besucher das Rotwild-Erlebnis kaputt." Gerade die Störungen durch abseits der freigegebenen Wege laufende Nationalpark-Besucher oder unangeleinte Hunde hätten auf der Dreiborner Hochfläche dazu geführt, dass sich das Wild in die benachbarten Waldgebiete verdrückt hätte. Diese Einschätzung bestätigt auch Henning Walter, Leiter der Nationalparkverwaltung: „Der weit überwiegende Teil der Besucher hält sich vorbildlich an die Spielregeln des Schutzgebietes. Ein kleiner Teil der Besucher aber verstößt leider immer wieder gegen die Schutzbestimmungen. Jede dieser Störungen wirkt sich auf der Freifläche viel gravierender aus als im geschlossenen Wald und führt dazu, dass sich die Wildtiere nur noch nachts aus ihren Verstecken trauen." Von Natur aus aber bevorzugt das Rotwild auch am helllichten Tage offene Lebensräume. Ein gutes Indiz für diese Lebensweise ist das imposante Geweih erwachsener Hirsche, welches bei einem Leben im dichten Wald eher hinderlich wäre. Mit Romantik hat es also wenig zu tun, wenn der Rothirsch als König der Wälder bezeichnet wird. Denn auf diesen Lebensraum ist er in den allermeisten Regionen als Notlösung zum Schutz vor dem Menschen ausgewichen. Bislang hatte die Nationalparkverwaltung versucht, mit guten Worten an die Vernunft der Besucher zu appellieren und diese von der Einhaltung der Schutzbestimmungen zu überzeugen. Hierzu hat sie das 50 Kilometer umfassende Wanderwegenetz auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz mit kniehohen Pfosten in Sichtentfernung markiert, kostenfreie Faltblätter mit dem freigegebenen Wegenetz verteilt und an sämtlichen Zugängen zum Wegenetz Infotafeln aufgestellt, die auch über die Ge- und Verbote zum Schutz der Natur informieren. Darüber hinaus sind derzeit 14 Ranger in der Nationalparkwacht eingesetzt, die Führungen anbieten, über die Bedeutung der Schutzbestimmungen informieren und auf dessen Einhaltung achten. Da trotz all dieser Maßnahmen immer noch Verstöße zu beobachten sind, sieht sich die Nationalparkverwaltung nun gezwungen, bei Ordnungswidrigkeiten auch Verwarnungs- und Bußgelder zu verhängen. „Lieber wäre es uns natürlich, wenn alle Besucher Verständnis dafür zeigen würden, dass eine Beachtung der Schutzbestimmungen auch ein Plus an individuellem Naturerlebnis bedeutet. Denn erst wenn sich alle Besucher in sämtlichen Bereichen an die Schutzbestimmungen des Nationalparks halten, wird der Rothirsch im Nationalpark Eifel auch wieder zum König des Offenlandes", so Gerd Ahnert, Leiter des Dezernats Waldentwicklung im Nationalparkforstamt Eifel, nach der Veranstaltung. Auf den Flächen rund um den Nationalpark aber, so berichtete ein Teilnehmer der Veranstaltung, seien zunehmend Beunruhigungen durch Pilze und Beeren sammelnde Besucher zu beobachten, da das Sammeln innerhalb des Schutzgebietes verboten sei. Zwar konnte Dr. Petrak eine derartige Zunahme nicht bestätigen, doch sah auch der Wildtier-Experte in der Eifel mögliche Probleme durch unerlaubtes kommerzielles Pilze Sammeln, allerdings nicht erst seit Nationalparkgründung.

Nach welchen Regeln im Nationalpark Eifel die jagdlichen Eingriffe erfolgen, erklärte Elmar Falkenberg, Bezirksleiter der Nationalparkverwaltung. Laut Nationalpark-Verordnung ruht in dem Großschutzgebiet die Jagd. Rothirsch, Rehe, Mufflon und Wildschweine können allerdings reguliert werden, wenn der Verbiss eine natürliche Waldentwicklung verhindert, Wildseuchen bekämpft werden sollen oder zum Schutz benachbarter Flächen vor Wildschäden. Lange jagdfreie Zeiten sollen dabei die Tagaktivität der Wildtiere erhöhen. Ein aufwändiges System dient der Festlegung der jeweiligen Abschusshöhe. Die Untersuchungen zeigen, dass regulierende Eingriffe derzeit erforderlich sind. Seit Jahren durchgeführte nächtliche Zählungen beispielsweise deuten in der Nationalparkregion auf einen Anstieg des Rotwildvorkommens. Ein Verzicht hätte nach Ansicht der Nationalparkverwaltung in einigen Bereichen dramatische Auswirkungen auf den Wald. Eine Überführung der im Nationalpark nicht heimischen Nadelwälder in naturnahe Laubwälder, etwa durch die Pflanzung junger Buchen, sei ohne regulierende Eingriffe derzeit nicht möglich. Koordiniert wird die Jagd vom Nationalparkforstamt Eifel, die allerdings private Jäger beteiligt. Jeder Jäger muss hierzu eine jährliche Schießprüfung auf eine bewegliche Zielscheibe ablegen, einen jährlichen Kostenbeitrag zahlen und an einer Fortbildung zum Nationalpark Eifel teilnehmen. Die Geweihe der erlegten Tiere werden von der Verwaltung eingezogen, da sich der Abschuss ausschließlich nach naturschutzfachlichen Kriterien richten soll, eine Trophäenjagd gibt es nicht.

Umfangreiche Informationen zu den Themen Wildtiermanagement, Waldentwicklung und Narzissenwiesen gibt die Ausstellung im neuen Nationalpark-Tor in Monschau-Höfen. Bei freiem Eintritt ist die Ausstellung täglich von 10 bis 17 Uhr geöffnet.

 

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